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der Genossenschaft ermöglichen
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der Fotoagentur laif.

Liebe Mitglieder und Freunde der Genossenschaft,

der Tod unseres Gründungs- und Vorstandsmitglieds Andreas Herzau macht uns tief betroffen und unser ganzes Mitgefühl gilt seiner Familie.

Andreas war für uns eine Inspiration. Seine Ideen waren uns Ansporn. Sein unermesslicher Schaffensdrang, seine klare Haltung und Menschlichkeit werden uns fehlen.

Der Tod von Andreas ist ein riesiger Verlust für die laif Community, die er maßgeblich geprägt hat.

Andreas schrieb uns vor einigen Tagen:
“Ich bin traurig, dass wir nicht gemeinsam weitermachen können…”

Wir vermissen ihn.

Eure

laif Genossenschaft, laif Agentur und laif foundation

„Ich bin gezwungen, aufmerksam zu sein ... mich zu öffnen ... und mir vor Augen zu führen, dass es nichts Schöneres gibt, als zu fotografieren – um zu verstehen.“

Andreas Herzau

Zum Tod von Andreas Herzau

Ein Nachruf von unserem Genossenschaftsmitglied Peter Bialobrzeski.

Erschienen in PHOTONEWS 3/2024

Hamburg, Schulterblatt, Sommer 2017. Auf der Straße liefern sich Autonome und Polizisten eine stundenlange Schlacht. Die Ausschreitungen anlässlich des G20 Gipfels in Hamburg sind die schwersten, die die Hansestadt seit den 1980er Jahren erlebt hat. Andreas Herzau hat den ganzen Tag fotografiert, beschließt eine Pause zu machen, geht in seine Wohnung, setzt sich ans offene Fenster, schenkt sich ein Glas Rotwein ein, raucht eine Zigarette, die Kamera neben sich. In diesem Moment spielt sich auf einem gegenüberliegenden Hausdach eine Szene ab, er fotografiert und gewinnt damit den wichtigsten Preis für politische Fotografie in Deutschland namens „Rückblende“.

Aus dem Vorwort seines Buches „Moskau“ kann man so etwas wie eine Erklärung für dieses scheinbare „Glück“ ableiten: „Ich bin gezwungen, aufmerksam zu sein … mich zu öffnen … und mir vor Augen zu führen, dass es nichts Schöneres gibt, als zu fotografieren – um zu verstehen.“

Umso erstaunlicher, dass Andreas Herzau kein „gelernter“ Fotograf war. Er näherte sich seiner späteren Berufung von der anderen Seite: Bei der Tübinger Chronik zum Schriftsetzer und Typografen ausgebildet, arbeitete er bei der Cantz’schen Druckerei in Stuttgart als Produktioner, volontierte bei der Hamburger Zeitschrift Konkret, wurde als Redakteur „Chef vom Dienst“ bei der Hamburger Rundschau, bevor er dann als freier Autor die Fotografie für sich entdeckte. Als politischer Mensch begnügte er sich nicht mit Aufträgen für Zeitungen und Zeitschriften, sondern initiierte gemeinsam mit den Kollegen der Autoren- und Fotografengruppe Signum, dem UNHCR und einer Reihe weiterer internationaler NGOs das Projekt „Exodus“, das international ausgestellt und als Buch veröffentlicht wurde.

Für mich ist die fotografische Arbeit von Andreas und Signum aber nicht die entscheidende Erinnerung an die 1990er Jahre, sondern die „Jour Fixe“, die in den Räumen der Agentur regelmäßig Bildredakteure und Fotografierende zusammenbrachte. Noch mit Hilfe eines Kodak ­Carousel Projektors und Reproduktionen auf Diafilm konnten Arbeiten vorgestellt und in freundschaftlicher Atmosphäre bei Bier, Wein und Knabberspaß diskutiert werden. Diese Abende vermisse ich noch heute.

Das Gemeinsame, das Miteinander, das Soziale war Andreas immer sehr wichtig und nach der Auflösung von Signum brachte er immer wieder befreundete KollegInnen zusammen, ob in der Hamburger Schanzenstraße oder später in Bockup auf dem Land. Er wurde Mitbegründer einer informellen Runde, die sich seit vielen Jahren an wechselnden Orten trifft, um Arbeiten miteinander zu besprechen, gemeinsam zu essen und manchmal auch „kommunikative Rundflüge über die Petrischale der visuellen Kommunikation“ zu unternehmen, wie Klaus Elle es so treffend formulierte.

Die vielleicht entscheidende Begegnung für seine weitere fotografische Arbeit in den 2000er Jahren war die Einladung der Kunstzeitschrift ART, in New York mit Gilles Peress über die Zukunft des Fotojournalismus zu diskutieren. Andreas nutzte die Stunden des Jetlags, sich durch die Stadt treiben zu lassen, zu fotografieren, wissend, dass es eigentlich unmöglich ist, dieser Stadt noch ungesehene Bilder abzuringen. Nach seiner Rückkehr krachen Flugzeuge in Türme, er fährt wieder hin, gleich danach und dann nochmal im Jahr 2002. Das großformatige Buch New York, das im darauffolgenden Jahr erscheint, kann als Blaupause für alles Folgende gelesen werden. Sicherlich beeinflusst von Peress, aber auch von William Klein sequenziert Andreas seine Bilder als eine Art „stream of consciousness“. Die Fotos, visuell komplex, schon ­radikal angelegt, werden mal in Farbe, mal in Schwarzweiß hintereinander geschnitten. Im begleitenden Text schreibt Christoph Ribbat: „Herzaus Bilder befassen sich mit (…) der Nervosität, die entsteht, wenn die Stadt plötzlich keinen Sinn mehr macht. Sie dokumentieren den urbanen Nahkampf, die plötzliche, unvermeidliche Konfrontation (…) so schroff wie die grellen Farben, die den schwarzweißen Zyklus immer wieder unterbrechen.“

Obwohl die Bilder keine abgeschlossenen, offensichtlichen Reportagen mehr formen, haben die Arbeiten eine politische Dimension. Andreas sah die Straße als Bühne, auf der ein Gesellschaftsstück aufgeführt wird, uneindeutig, trotzdem von gesellschaftlicher Relevanz. Das setzt sich in den späteren Büchern Moskau, Deutschland, Helvetia und Liberia fort. Besonders Deutschland, dessen Erscheinungsdatum 2006 unwillkürlich an ein medial mystifiziertes „Sommermärchen“ erinnert, könnte man als einen abstrakten Verweis auf die Jetztzeit lesen. Elisabeth Biondi bemerkt im begleitenden Text treffend: „Altes und Neues klug nebeneinandergestellt, sehe ich das ordentliche und das zwanghaft gepflegte, das furchterregend saubere Deutschland, die gleichen traurigen Gesichter der älteren Menschen, die sich stets Sorgen machen.“ Und AfD wählen, möchte man hinzufügen.

Mein Lieblingsbuch ist allerdings Calcutta–Bombay, ein Road Trip. Für eine Zeitschrift fotografiert wird dem Betrachter gewahr, wie außerordentlich sicher Andreas Herzau sich seiner ästhetischen Mittel zu bedienen wusste. Frei von jeder Exotik spürt man das Vergnügen des Bildermachers, sich die Reise formal und inhaltlich anzueignen.

Wäre das schon alles, wäre es viel. Andreas Herzau hat sich neben der fotografischen Arbeit in den Diskurs eingemischt. Er hat Texte geschrieben, Vorträge gehalten, international ausgestellt. Seine große Leidenschaft jenseits des Fotografierens galt der Vermittlung. Er unterrichtete im Journalistenzentrum Haus Busch in Hagen, an der FH Bielefeld, an der Ostkreuzschule, war Gastprofessor in Karlsruhe, Lehrbeauftragter an der Burg in Halle und über viele Semester als Lehrbeauftragter in Bremen, wo er auch kürzlich noch als Vertretungsprofessor unterrichtet hat. Darüber hinaus hat er mit unterschiedlichsten Institutionen Workshops organisiert und gehalten. Er war ein Menschen-Mensch. Andreas hat es geliebt, zu diskutieren, mit Leidenschaft seine Position vertreten, war dabei niemals dominant, immer freundlich, klug und hatte Humor. So antwortete er auf die Frage, nachdem er seinen ungewöhnlichsten Auftrag, die Wahlkampagne für Hamburgs konservativen Bürgermeister Ole von Beust im authentischen Schwarzweiß fotografiert hatte, ob er ihn jetzt auch wählen müsse, mit: „Er hat ja bloß fürs Fotografieren bezahlt.“

Der letzte große Wurf seines Lebens war, die Agentur laif zusammen mit KollegInnen in eine Genossenschaft zu überführen. Andreas gehörte zu den ersten Vorständen der Genossenschaft und war treibende Kraft hinter der nachgelagerten Gründung der angeschlossenen laif foundation, auch dies ein Weg, um unabhängigen Fotojournalismus zu stärken. Im Frühjahr letzten Jahres wurde bei Andreas ein Karzinom entdeckt. Er kommunizierte die Diagnose offensiv, gab auf Instagram dem Krebs den Namen Kurt und war optimistisch, ihn zu besiegen. Er hat es nicht geschafft. Andreas Herzau starb in den frühen Februar-Tagen in seinem Haus in Bockup. Ich vermisse ihn und bin sehr traurig.

Peter Bialobrzeski

Gedenken an unseren Freund Andreas Herzau

Wir leben Fotografie...

… wir denken Fotografie, wir sprechen Fotografie, wir träumen Fotografie, wir fühlen Fotografie, wir können Fotografie,  wir verstehen Fotografie als Kunst, wir nehmen Fotografie ernst, wir begreifen Fotografie nicht als Ware, wir lehren Fotografie, wir diskutieren Fotografie und wir nutzen Fotografie als Chance um die Welt zu ändern.

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Seit Juli 2022 ist die laif Genossenschaft mit über 300 Mitgliedern Eigentümerin der laif Fotoagentur. Laif steht für unabhängigen Fotojournalismus und ist mit über 400 der besten Dokumentar-Fotograf:innen die größte deutsche Agentur für hochqualitative Fotografie mit Vertretungen in mehr als 25 Ländern der Welt.

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© Helena Schätzle/laif